Bodenlos
Unser Verhältnis zur Natur ist bodenlos. Und das meine ich wörtlich.Wir wissen um die Zerstörung natürlicher Ressourcen und denken dabei an die Abholzung der Regenwälder, die Luftverschmutzung, die Überfischung und Vermüllung der Meere oder den Klimawandel. Der Boden unter unseren Füßen aber findet kaum Beachtung.
Dabei haben wir allen Grund, dieser Lebenswelt mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Es ist schließlich der Boden, der uns Halt gibt, der dafür sorgt, dass wir etwas zu essen bekommen und sauberes Wasser trinken können. Ja, letztlich ist es auch der Boden, der uns atmen lässt, weil die Pflanzen, die bei der Photosynthese Sauerstoff produzieren, ihre Nährstoffe im Boden finden.
Obwohl der Boden also elementar wichtig für uns ist, genauso wichtig wie Luft und Wasser, nehmen wir ihn kaum wahr und wissen wenig über ihn. Dabei ist der Boden alles andere als tote Materie. Wussten Sie, dass unter einem Quadratmeter gesunden Bodens mehr Organismen leben, als es Menschen auf der Erde gibt? Und die kann man auch hören: Marcus Maeder, ein Umweltwissenschaftler der ETH Zürich, bringt in seinem faszinierenden Projekt “Sounding Soil” die Bodenaktivitäten mit Hilfe besonders empfindlicher Mikrofone, die er in den Boden steckt, zum Klingen.
Der Boden ist ein eigenes, überaus reiches Ökosystem. Statt es zu schützen, gefähren wir es jedoch - durch intensive Landwirtschaft, Pestizideinsatz, Überdüngung, Schadstoff-Einträge, Verdichtung, Versiegelung und Versalzung. Dem “Bodenatlas 2024” zufolge können in der Europäischen Union bereits 60% der Böden als geschädigt gelten. Obwohl die EU inzwischen den Schutz von Klima, Wasser, Luft und Artenvielfalt gesetzlich verankert hat, fehlt bislang ein EU-weiter rechtlich verbriefter Bodenschutz.
Es gibt also genug Gründe, sich für “das Universum unter unseren Füßen” (Peter Laufmann) zu interessieren und zu engagieren. Auch in der Schule, denn in den Lehrplänen wird das Thema noch immer chronisch vernachlässigt. Dabei gibt es - wie unser Impuls “Boden” zeigt - viele attraktive Möglichkeiten der unterrichtlichen Behandlung. So ist für alle, die einen Schulgarten anlegen oder gestalten wollen, die Analyse des Bodens eine wichtige Voraussetzung, um über geeignete Pflanzen entscheiden zu können.
Um ein Zeichen für die lebenswichtige Bedeutung der Böden zu setzen, hat die Internationale Bodenkundliche Union auf ihrem 17. Weltkongress im Jahre 2002 den Weltbodentag (World Soil Day) ins Leben gerufen. Er soll alljährlich - als internationaler Aktionstag - am 5. Dezember stattfinden. Vielleicht nehmen Sie diesen Tag als Anlass, um mit Ihren (Unterrichts-)Planungen zu beginnen.