Berggorilla

Andre Bauma, ein Ranger im Virunga Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo, nimmt Abschied von Ndakasi, einem im Sterben liegenden Berggorilla. Er hat ihn 13 Jahre lang aufgezogen und liebevoll gepflegt, nachdem die Holzkohle-Mafia Ndakasis Mutter und alle Tiere seiner Gruppe bei einem Angriff getötet hatten.

Das Schicksal der Berggorillas ist die Folge von Verteilungskämpfen um knapper werdende Ressourcen, für die immer mehr Regenwald gerodet wird. In der Demokratischen Republik Kongo ist Makala, Holzkohle, die Hauptenergiequelle zum Kochen.

Die Aufnahme des mehrfach ausgezeichneten Fotojournalisten Brent Stirton zeigt aber eigentlich etwas anderes. Für mich ist sie vor allem Ausdruck einer besonderen Nähe von Mensch und Tier. Sie entsteht immer dann, wenn beide Beziehung zueinander aufnehmen. Wir kennen so etwas nur von Haustieren. Ansonsten ist unser Verhältnis zu Haustieren instrumentell. Nutztiere sind für uns keine Subjekte, sondern Mittel zum Zweck. Vielleicht ist die Massentierhaltung ein besonders krasses Beispiel für unsere Gleichgültigkeit gegenüber den Bedürfnissen von Tieren.

Nach dem neuen Eckpunktepapier des Landwirtschaftsministeriums unter der Leitung von Cem Özdemir (Grüne) sollen Puten in die sog. Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung aufgenommen werden. Dies hätte u.a. zur Folge, dass sich die Besatzdichte, also die Anzahl der Puten auf einem Quadratmeter Stallfläche bei männlichen Tieren von 58 auf 40 kg und bei weiblichen Tieren von 48 auf 35 kg Lebendgewicht verringert. Statt drei würden dann nur noch zwei Truthähne und statt fünf nur noch drei Putenhennen auf einem Quadratmeter gehalten. Auch das wäre noch eng genug.

Bemerkenswert sind nun die Reaktionen auf die eher behutsamen Pläne des Ministeriums. Wolfgang Schleicher, Geschäftsführer des Zentralverbandes der Geflügelwirtschaft, nannte das Vorhaben eine “realitätsverweigernde Traumtänzerei” (Neue Osnabrücker Zeitung vom 28.12.2022) und kündigte rechtliche Schritte an.

Das von Schleicher verwendete Wortungetüm lässt vermuten, dass ihm inhaltliche Argumente fehlen. Wo sollten sie auch herkommen?

Die Diskussion um die Putenhaltung in Deutschland macht deutlich, wie weit wir uns im Zuge einer Strategie der Gewinnmaximierung vom Tierwohl entfernt haben.